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Internationale Haydn-Tage in Eisenstadt
Geliebt in London
Salzburger Hofmusik
Ruby Hughes, Sopran
- J. S. Schroeter: Violinsonate G-Dur
- C.M. Barthélemon: Sonate für Hammerklavier
- J. Haydn/F.H.Barthélemon: Arr. aus Streichquartett op.33
- J. Haydn: 6 Original Canzonettas, Hob.XXVIa:25-30
- J. Haydn: Klaviertrio fis-moll, Hob.XV:26
Ruby Hughes –Sopran
Salzburger Hofmusik
- Veronica Kröner – Violine
- Susanne Müller – Violoncello
- Wolfgang Brunner – Hammerflügel
- Johann Samuel Schroeter
Sonate für Violine und Klavier G-Dur op.4 Nr.5
- Cecilia Maria Barthélemon
Sonate für Hammerklavier
- Joseph Haydn / François-Hippolyte Barthélemon
Arrangement aus Streichquartett op.33 mit Scotch Airs and Reels
20’
Joseph Haydn / Sonata 1 G-Dur für Klaviertrio
François-Hippolyte Barthélemon aus Three Grand Sonatas
from the Quartetts of Haydn (1741-1808) with Favorite Scotch Airs
and Reels for the Adagios and last movements – Dedicated to
Dr. Haydn by F.H. Barthélemon
Vivace assai (nach Haydns Streichquartett op 33 / 5)
Adagio “Take your auld Cloak about ye – One of the oldest
Scotch Airs”
Allegro “The Duchess of Hamilton’s Strathspey –
Scotch Reel”
Contrydances nicht vergessen!
Joseph Haydn
English Canzonettas Hob.XXVIa:25-30
Fidelity
Sailor's song
The Wanderer
Piercing eyes
The Spirit's song
JOSEPH HAYDN (1732-1809) hat während seines zweiten Londoner
Aufenthalts 1794/95 eine ganze Reihe englischer Liedtexte vertont,
die er in zwei Sammlungen von je sechs 'Original Canzonettas' (1794
bzw. 1795) sowie einigen Einzelstücken veröffentlichen
ließ. 'Fidelity' ist die letzte Nummer der ersten Sammlung,
'Sailor's song', 'The Wanderer' und 'Piercing eyes' entstammen der
zweiten, 'The Spirit's song' wurde als Einzelstück erstmals
1804 gedruckt. Die Texte von 'Fidelity', 'The Wanderer' und 'The
Spirit's song' tragen die Autorschaft von Anne Hunter, der dichtenden
Gattin des bedeutenden Chirurgen John Hunter und englischen Freundin
Haydns. (In der deutsch-englischen Erstausgabe wird 'The Spirit's
song' übrigens fälschlicherweise Shakespeare zugeschrieben.
Haydns Vertonungen sind je nach Charakter des Textes strophisch
gegliedert bis durchkomponiert. Das romantisch angehauchte 'The
Wanderer' und 'The Spirit's song' gehören zweifellos zu den
herausragenden Vertretern des Haydnschen Liedschaffens.
Joseph Haydn
Trio für Violine, Violoncello und Klavier fis-moll, Hob.XV:26
Allegro
Adagio cantabile
Tempo di Menuetto
Das fis-moll-Trio gehört einem Zyklus von drei Klaviertrios
(Hob:XV24-26) an, die JOSEPH HAYDN 1795 seiner englischen Freundin,
der Pianistin Rebecca Schroeter, gewidmet hat. Schon die ungewöhnliche
Tonart fis-moll deutet auf den ausgesprochenen Ausnahmecharakter
des Werks hin: H.C. Robbins Landon macht für die ungewöhnliche
Ausdrucksintensität die Tatsache verantwortlich, daß
es sich bei dieser Widmung gleichsam um ein Lebewohl gehandelt habe
und daß die drei Trios die letzten in England für englische
Freunde verfaßte Kompositionen Haydns sind.
Im ersten Satz macht Haydn ein für die damalige Zeit aberwitziges,
aber für das heutige Hören nicht mehr wahrnehmbares Experiment:
Die Durchführung moduliert, ausgehend von Fis-Dur, ständig
im Quintenzirkel aufwärts, sodaß die Reprise, würde
Haydn nicht zwischendurch enharmonisch in die B-Tonarten wechseln,
der Realtonart nach eigentlich in 'eisis-moll', und nicht im notierten
fis-moll, einsetzt! Das Adagio entspricht übrigens dem (von
F-Dur nach Fis-Dur versetzten) langsamen Satz der Sinfonie Nr. 102,
die 1794 ebenfalls in London komponiert wurde. Dies stellt in diesem
Fall keine 'Vorarbeit', sondern eine 'Übernahme' aus der Sinfonie
dar, ein Zeichen dafür, wie beliebt Haydns Londoner Sinfonien
in England bereits geworden waren. (gjw)
Joseph Haydns Reisen nach England waren nicht nur durch die großartigen
Erfolge auf den Konzertpodien des Johann Peter Salomon geprägt.
In einem Maße, wie es der Komponist nie zuvor erfahren hatte,
stand er nun – und zwar höchst persönlich –
im Zentrum einer finanzkräftigen und breit gefächerten
Gesellschaft, die der Unterhaltung durch oder über Musik, im
öffentlichen wie im privaten Raum, allerhöchsten Wert
beimaß. (Ein durchaus als besonders zu wertender Umstand,
dem wir jene exquisiten kammermusikalischen Bearbeitungen der für
London geschriebenen Haydn’schen Sinfonien aus der Feder Salomons
zu verdanken haben.) Gleichzeitig bekam Haydn immer mehr zu spüren,
wie die nicht enden wollenden Einladungen zahlreicher Bewunderer
an den Kräften seiner mittlerweile 60 Lebensjahre zu zehren
begannen.
Inmitten all diesen Trubels boten sich aber auch Momente der Ruhe,
Oasen der Freundschaft und Fürsorge. An erster Stelle wäre
hier Rebecca Schroeter geb. Scott zu nennen, die wegen der (unstandesgemäßen)
Wahl ihres Ehepartners, Johann Samuel Schroeter, gefeierter Pianist
und später Music Master der Königin Charlotte, dem finanziellen
Wohlstand ihrer Familie entsagen musste.
23 Briefe der mittlerweile verwitweten Mrs. Schroeter, auf das
Sorgsamste übertragen, finden sich in Haydns Londoner Notizbuch
von 1792: „… I had thousand affectionate things to say
to you, my heart WAS full of TENDERNESS for you, but no language
can express HALF the Love and AFFECTION I feel for you, you are
DEARER TO ME EVERY DAY of my life.“
Dass die Beziehung zwischen Haydn und Rebecca Schroeter auch während
und (zumindest im Herzen) noch geraume Zeit nach seinem zweiten
Aufenthalt in London andauerte, wissen zwar keine weiteren Briefe,
dafür aber die Widmung der Klaviertrios op. 73 (mit Rebeccas
Lieblingsthema im Adagio des Trios in fis-moll) und die Beschreibung
der „englischen Witwe in London“, die Haydn 1807 seinem
Biograph Albert Christoph Dietz gab, unter Beweis zu stellen: „…
sie war, ob sie schon 60 [in Wirklichkeit waren es in etwa 40] Jahre
zählte, noch eine schöne und liebenswürdige Frau,
die ich, wenn ich damals ledig gewesen wäre, sehr leicht geheiratet
hätte.“
Ein weiterer Fixpunkt von Haydns sozialem Umfeld in London, vor
allem in den Jahren 1794 und 1795 war das Haus der Familie Barthélemon
in 8 Kensington Place, Vauxhall.
François-Hippolyte Barthélemon stammte aus Bordeaux,
war ein ausgezeichneter Violinvirtuose und bereicherte ab Mitte
der 1760er Jahre die Theaterhäuser und Pleasure Gardens der
Stadt mit seinen Kompositionen. 1766 ehelichte er Maria Young, eine
Nichte von Thomas Arne, die bereits im Alter von sechs Jahren ihr
Debüt als Sängerin gegeben hatte. Das Paar war oft gemeinsam
zu erleben und ging 1776-77 auf eine Konzertreise nach Deutschland,
Italien und Frankreich. Alsbald war bei den Auftritten der Barthélemons
auch die 1769 geborene Tochter Cecilia Maria mit von der Partie.
Aus ihrem Mund stammt auch folgende Erzählung: „Mio
caro Maestro Haydn […] often have I sat with him when he play’d
his Sweet Canzonetts & he used to shed tears when he sang […]
I said to him, ‘Papa Haydn, Why do you cry?’ & he
said, ‘Oh! my dear Child. I do not like to leave my English
Friends, they are so kind to me!’”
Außerdem seien, einem „memoir“ von 1827 zufolge,
ihr Vater und Haydn „brothers in affection“ gewesen
und im Kreise ihrer Familie habe man ihn zur Vertonung der Schöpfung
angeregt! Der Gast bedankte sich indem er der Tochter einige seiner
Handschriften und signierte Drucke vermachte.
Zu den Werken, die Haydn gelegentlich und unter seinen neuen Freunden
zu verteilen gedachte gehören wohl auch jene „4 &
2 Contrydances“ die Haydn in sein eigenhändiges Verzeichnis
der Werke eintrug, welche er „vom 2ten Jan 1791 bis 1795 in
England komponirt“ hatte. Offiziell verschollen, scheint sich
in diversen britischen Tanzpublikationen um 1800 aber doch das ein
oder andere Stück erhalten haben.
Anne Hunter, wiederum eine Bekanntschaft von Haydns erster Englandreise,
war Dichterin und mit dem berühmten Chirurgen John Hunter verheiratet,
der den Komponisten mittels einer „spontanen“ Operation
von einem Polypen in der Nase befreien wollte – was am Widerstand
Haydns letztlich scheiterte. 1794 kam es schließlich –
Anne Hunter war inzwischen ebenfalls Witwe geworden – zur
künstlerischen Zusammenarbeit der beiden. Sie schrieb Texte,
oder wählte sie aus, und Haydn vertonte sie – ohne des
Englischen vollkommen mächtig zu sein – in einer Weise,
dass den VI Original Canzonettas samt Fortsetzung sofortiger und
anhaltender Erfolg beschieden war.
Im August 1795 gab Anne Hunter ihrem Freund zum Abschied aus London
noch eine Dichtung mit, die der Komponist sogleich in Töne
setzte: „O Tuneful Voice“, die in ihrer romantischen
Farbigkeit schon nahe an Schubert heranführt.
Mag. Christian Moritz-Bauer
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