Beim Mattseer Diabelli Sommer gestaltete Wolfgang
Brunner mit seiner Salzburger Hofmusik einen vergnüglichen
Abend mit Tiefgang
Von Paul Kornbeck
14/08/2009 Haydn in London – das sind nicht
nur große Sinfonien, das ist vieles an menschlicher Beziehung
und liebenswerter Aneignung. Wolfgang Brunner führte
durch den Abend mit einer köstlichen Mischung aus ernster Betrachtung
und pfiffiger Laune.
Johann Samuel Schroeter widmete eine hübsche
frühklassische Violinsonate 1772 seiner Braut Rebecca Scott,
die zwei Jahrzehnte später als Witwe Rebecca Schroeter eine
durchaus innige Beziehung zu Haydn in London hatte. Das ihr gewidmete
Klaviertrio in fis-Moll Hob. XV: 26 spiegelt die Gefühle des
Komponisten und ist darüber hinaus ein aufregend experimentelles
Stück (mit einem Adagio cantabile in Fis-Dur!). Brunner, der
perfekte "Hammerflügler", musizierte das mit seinen
stilsicheren Partnerinnen Veronica Kröner (Geige)
und Susanne Müller (Cello) voll klangrednerischer
Noblesse und Ausdruckskraft.
Die Komponistin Cecilia Maria Barthélemon
aus mit Haydn befreundeter Familie ist es wert, aus dem Schlummer
der Archive erweckt zu werden, zumal wenn eine ihrer Haydn und Mozart
trefflich kopierenden Klaviersonaten so herzhaft, einfühlsam
und im Finale swingend wie ein Boogie gespielt wird wie von Wolfgang
Brunner. Ihr Vater, der Violinvirtuose François-Hippolyte
Barthélemon, hat eher absurde, aber höchst unterhaltsame
Klaviertrios verfasst, in deren ersten Sätzen jeweils der Kopfsatz
eines Haydn’schen Streichquartetts effektvoll arrangiert ist,
in deren weiterem Verlauf aber schottische und walisische Volkslieder
und Tänze für zündende Laune sorgen.
Das zu Gehör gebrachte Beispiel, ebenfalls von Brunner wieder
entdeckt, hat sicher auch Haydn großen Spaß gemacht.
Der Spaß, den es den Interpreten machte, teilte sich unmittelbar
dem Publikum mit.
Mit einer Auswahl aus den von Mrs. Anne Hunter, der zweiten von
Haydn geschätzten englischen Witwe, getexteten englischen Canzonettas
stellte sich die junge deutsche Sopranistin Gudrun Sidonie
Otto vor. Sie besitzt eine technisch sehr gut geführte
frische junge Sopranstimme, artikuliert das Englische hervorragend,
verfügt offenbar über eine lyrisch leuchtende Höhe,
der man in einem größeren Raum gerne wieder begegnen
würde. Sie vermag die Lieder auch mimisch natürlich und
ansprechend zu gestalten. Es ist übrigens verblüffend,
wie sehr Haydn in Liedern wie „The Wanderer“ oder in
der grandiosen Shakespeare-Vertonung „She Never Told Her Love“
bereits atmosphärisch, aber ebenso in manch überraschend
„sprechendem“ Detail der Klavierbegleitung in die Nähe
Schuberts gekommen ist.
Die Begeisterung des Publikums wurde mit einem der schottischen
Lied-Arrangements Haydns belohnt, wobei alle famosen Mitwirkenden
des Abends gemeinsam musizieren konnten.
Quellen:
www.drehpunktkultur.at/txt09-08/6336.htm
www.diabellisommer.at
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